Kaum hat das Jahr angefangen, war auch schon wieder Mai. Und wofür lieben wir den Mai? Für Brückentage. Für Maiglöckchen. Für den Star-Wars-Tag. Und – natürlich – für das Event des Jahres für alle Digitalos, KPI-Kapitäne, AI-Apostel und Innovationistas. Und deshalb haben wir uns diesen Pflichttermin nicht entgehen lassen. Die OMR25.
Schon auf der Autobahn Richtung Hamburg ist klar: Wir sind nicht allein. Überall Geschäftsautos von Techfirmen, an den Raststätten wird über AI Agents gefachsimpelt, und aus den Autoboxen läuft schon die passende Spotify-Playlist, die uns auf die Abende vorbereitet. Die OMR beginnt – noch bevor man ankommt.
Die Akkreditierung am Vorabend läuft wie geschmiert, auf dem Gelände wird noch gewerkelt, Foodtrucks parken ein: die Ruhe vor dem Sturm und ein bisschen wie gutes Marken-Building: Viel Bewegung, klare Vision.
Let’s Go! Zwischen Kaffeeschlange und Timetable-Tetris
Der typische OMR-Morgen beginnt mit einer kleinen Geduldsprobe: der Kaffeeschlange. Aber was soll’s – du stehst da ja nicht allein, du stehst da umgeben von Gleichgesinnten. Es wird geredet, gelacht, genetzwerkt. Mehr Festival-Feeling als Fachmesse. Und spätestens beim Countdown auf den riesigen Screens, begleitet von pulsierenden Bässen, wirst du für 2 Tage in eine neue Welt entführt. Und du weißt: Allein dafür hat sich der Besuch gelohnt.
Kurzer Blick in den Timetable. Speaker über Speaker, fünf Bühnen, unzählige Masterclasses. FOMO ist leider Programm. Aber das ist auch Teil des Spiels: Man darf sich nicht unter Druck setzen. Man muss los und sich treiben lassen. Und zwischen den Kaffeeschlangen, der ersten Orientierungslosigkeit im Hallenplan und dem nächsten Talk liegt oft genau der Moment, der hängen bleibt.
Als Markenagentur ist es für uns inspirierend, manchmal brutal zu sehen, wie schnell sich das Marken-Game entwickelt, aber gleichzeitig beruhigend, dass wir als kleine Allgäuer Agentur schon vieles richtig machen. Naja, wer stehen bleibt, hat halt schon verloren.
„Creativity is being crushed.“
Sofia Hernandez (TikTok) bringt auf den Punkt: „Creativity is being crushed. We are responsible.“ In Zeiten von Templates, Trends und automatisierten Inhalten ist echte Kreativität seltener geworden – aber wichtiger denn je. Als Agentur müssen wir uns selbst fragen: Wollen wir mitlaufen oder vorangehen? Und: Wo ist der Unterschied zwischen Effizienz und Einheitsbrei? Sofia fordert: „Create real stuff. Not polished. Real and in real time.“ Das ist kein Angriff auf gutes Design – es ist ein Plädoyer für Mut, für echte Geschichten. Für Marken, die sich trauen, Kante zu zeigen. Die nicht nur „funktionieren“, sondern Menschen berühren.
„People are so afraid to suck that they don’t try anything.“
Ryan Reynolds – Schauspieler, Unternehmer, unfassbar cooler Typ – bringt es humorvoll und ehrlich rüber: „People are so afraid to suck that they don’t try anything.“ Wie oft erleben wir das im Branding? Der Mut, etwas nicht ganz richtig zu machen, fehlt. Aber: Wer nur glatt ist, bleibt unsichtbar. Als Markenagentur spüren wir diese Angst oft – und sehen unsere Aufgabe darin, Sicherheit im Mutmachen zu geben. Denn starke Marken entstehen nicht aus Angst.
Keynote: State of the German InternetOMR-Gründer Philipp Westermeyer und OMR Daily-Chefredakteur Roland Eisenbrand liefern mit ihrer Analyse wie immer messerscharfe Insights. Wer sind die Gewinner und wer die Verlierer im digitalen Sektor? SAP, Aldi, neue Food Brands – allesamt auf dem aufsteigenden Ast. KI ist wie erwartet auch Thema und wie KI-generierter Content oft zu mittelmäßigen Ergebnissen führt. (Shit. Dieser Blogbeitrag ist mithilfe von ChatGPT entstanden.). Ein weiterer Schwerpunkt: die Bedeutung von Communities im Marketing. Online und offline. Das ist zwar keine große Neuerung, könnte aber in Zukunft ausschlaggebend sein.
AI ist überall – sogar auf der Bühne
Dass das Interview mit Frank Thelen und Sascha Lobo von einer KI-Moderatorin geführt wird, ist mehr als ein Gag – es ist schon ein Statement. Lobo sagt: „Der Graben wird größer – zwischen denen, die KI nutzen, und denen, die es nicht tun.“ Und Thelen ergänzt sinngemäß:
„Die aktuellen CEOs sind die letzten, die ausschließlich mit Menschen arbeiten.“ Eyeopener-Moment. Es klingt ein bisschen dramatisch – aber es ist realistisch. KI verändert nicht nur unsere Branche. Die Frage ist nicht ob, sondern wie wir damit arbeiten. In der Markenentwicklung heißt das: Prozesse neu denken, Kreativität neu verankern – und KI gezielt als Verstärker einsetzen. Aber eben mit Haltung. Denn: KI kann viel. Aber (noch) nicht fühlen.
Passend dazu: der Auftritt von Nick Turley. Unser Exportschlager aus Itzehoe – heute Head of Product bei OpenAI – hebt den Vorhang für das, was als Nächstes kommt.
Er sagt: „ChatGPT represents only my interests. None other.“ Und: „AI will define what high quality content is.“
Zwei Sätze, die ein wenig Sprengkraft für unser Verständnis von Kommunikation und Content bieten. Turley beschreibt eine Zukunft, in der KI nicht mehr nur antwortet, sondern aktiv kuratiert – basierend auf unseren Interessen, Vorlieben, Verhaltensmustern. ChatGPT wird damit nicht nur ein Tool, es wird ein persönlicher Gatekeeper. Das bedeutet: Was ich zu sehen bekomme, basiert nicht auf dem, was allgemein als hochwertig gilt – sondern darauf, was für mich relevant ist. Für Marken heißt das: High Quality Content wird in Zukunft subjektiv. Der eine braucht Tiefgang, der andere Tempo. Die eine will klare Haltung, der andere feine Unterhaltung. Relevanz wird nicht mehr zentral gesteuert – sondern individuell erlebt. Und genau hier liegt die Herausforderung: Wie schafft man Markeninhalte, die sich anpassen, ohne beliebig zu werden?
Ein Gedanke, der noch hängen bleibt: Turley spricht davon, dass OpenAI Chrome übernehmen könnte? Der Schritt vom passiven Internetnutzer zum aktiven KI-User wäre somit minimal. Revolutionär – aber unbemerkt. Puuh.
Wir könnten noch so viel mehr erzählen – von inspirierenden Masterclasses, verrückten Messebauten, Deep-Dives und Überraschungsmomenten. Aber hey: Die OMR komplett mitzunehmen, würde mindestens drei Jahre dauern. (Das ist nicht mit ChatGPT errechnet worden, sondern eine aus dem Bauch heraus Zahl).
Wer übrigens noch nie auf der OMR war und beim Scrollen durch die After-Show-Bilder denkt, das sei doch bloß eine Promi-und-Party-Veranstaltung – der ist definitiv auf dem Holzweg. Denn gerade deshalb funktioniert das Format so gut: Abends die Sau rauslassen, den Kopf frei tanzen, einmal komplett rebooten. Nur so ist am nächsten Tag wieder Platz auf der eigenen Festplatte – für neue Ideen, neue Impulse, neue Perspektiven. Sido, Zartmann, Beginner Soundsystem mit Jan Delay und Gzuz – Ahnma, wie hammerhart es war!
Gestern Heimfahrt. Kopf leer. Nicht viel geredet. Heute, Alltag. Schwer, wieder aus dem OMR-Universum rauszukommen. Fazit: Es war wieder Weltklasse. Wir nehmen diese Energie mit. Und wir sind stolz, Teil einer Branche zu sein, die sich ständig selbst hinterfragt – und trotzdem immer wieder aufsteht und neu denkt.
Fazit Nummer 2: Markenführung ist kein Sprint. Marken leben nicht von Logos oder Slogans. Sie leben von Menschen, Haltung, Energie – und Mut. Und am Ende ist es wie in jeder guten Beziehung: Manchmal tut’s weh, manchmal ist’s anstrengend. Aber es lohnt sich. Immer.
Danke, OMR. Für Inspiration, Gemeinschaft und das gute Gefühl, mittendrin zu sein.
Bis nächstes Jahr.